Saisonale Muster an den Aktienmärkten: Chance oder Risiko?
Saisonmuster an den Aktienmärkten sind wiederkehrende Trends, die auf historischen Kursverläufen basieren und zu bestimmten Zeiträumen des Jahres gehäuft auftreten. Diese Muster, die sich aus dem Anlegerverhalten, wirtschaftlichen Faktoren oder auch psychologischen Einflüssen ergeben, können eine wertvolle Orientierungshilfe sein. Sie sind zwar keine Garantie für zukünftige Marktentwicklungen, geben aber einen nützlichen Einblick in mögliche Marktbewegungen.
„Sell in May and go away, but remember to come back in September“ lautet eine der bekanntesten Börsenregeln, die besagt, dass Anlegerinnen und Anleger ihre Aktien im Mai verkaufen und erst im September wieder in den Markt einsteigen sollten. Diese Strategie basiert auf der Beobachtung, dass die Sommermonate historisch gesehen oft niedrigere Renditen abwerfen als die Wintermonate. Doch wie erfolgreich war eine Handelsstrategie, die nur von Januar bis Ende April und von Anfang September bis Ende Dezember in DAX und S&P 500 investiert war, im Vergleich zu einer reinen Buy-and-Hold-Strategie, also einer Investition über das gesamte Jahr? Dazu haben wir uns die jeweiligen Monatsrenditen des S&P 500 und des DAX von Januar 1970 bis heute genauer angesehen.
Beim DAX hätte die Strategie, von Mai bis August nicht investiert zu sein, in den vergangenen gut 50 Jahren mit einer Erfolgsquote von 56 Prozent tatsächlich zu einem etwas besseren Gesamtergebnis geführt, wobei sich diese Strategie vor allem in den 1970er Jahren und zwischen 2010 und 2019 ausgezahlt hätte. Meist waren es jedoch singuläre Ereignisse, die in einem bestimmten Jahr zu starken Kursverlusten in einem der betroffenen Monate geführt haben. So wäre man beispielsweise im August 2011 besser nicht im DAX investiert gewesen und hätte so einen Monatsverlust von 19,2 Prozent vermieden.
Beim S&P 500 hingegen wäre man mit der Strategie „sell in May and come back in September“ von 1970 bis heute überwiegend nicht erfolgreich gewesen, verglichen mit einer Anlage, bei der man das ganze Jahr über am Aktienmarkt investiert gewesen wäre (Erfolgsquote 37 Prozent). Eine kleine Ausnahme bildet der Zeitraum von 2000 bis 2009, in dem die Erfolgswahrscheinlichkeit bei 60 Prozent lag, wenn man in den Sommermonaten nicht am Aktienmarkt investiert gewesen wäre.
Welche faktischen Konsequenzen können hieraus gezogen werden? Auch wenn diese Untersuchungen gezeigt haben, dass die Monate November bis April zumindest bei DAX tendenziell höhere Renditen abwerfen als die Sommermonate, gibt es dennoch viele Jahre, in denen die Märkte im Sommer stark gestiegen sind. Anlegerinnen und Anleger, die diesen saisonalen Mustern und Regeln strikt gefolgt sind, haben daher attraktive Gewinne verpasst. Es ist daher wichtig, saisonale Muster eher als Orientierungshilfe und nicht als strikte Regel zu betrachten. Denn diese Muster sind keine Garantie für zukünftige Entwicklungen. Märkte werden von vielen Faktoren beeinflusst, wobei aus unserer Sicht die fundamentalen Einflussfaktoren – wie aktuell die Leitzinssenkungen seitens der Notenbanken – auf lange Sicht deutlich dominieren.
Newsletter vom 18. September 2024
Martin Schilling – Leiter Geschäftsstelle Private Banking Hannover
M.M. Warburg & CO
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