Motivation vs. Inflation

Alle Investierenden haben einen wichtigen,  psychologischen Ansatz zu einem ihrer Grundprinzipien erklärt. Dieses Prinzip ist der sogenannte Belohnungsaufschub. Der Begriff Belohnungsaufschub meint, dass eine Person auf eine Belohnung in der Gegenwart verzichtet, um durch den Verzicht eine größere Belohnung in der Zukunft einzufahren. Dass Individuen so handeln, ist nicht selbstverständlich. Jeder hat sicher schon einmal Sätze gehört, wie: „Nein, Sparen oder Investieren das mache ich nicht. Ich möchte mein Leben lieber jetzt genießen.“ Menschen, die ihr verdientes Geld direkt ausgeben, müssen jedoch – spätestens, wenn sie im Alter nicht mehr erwerbstätig sein können – durch die Familie oder die Gesellschaft finanziell unterstützt werden. Dieser soziale Ansatz ist wohl so alt wie die Menschheitsgeschichte selbst. Wer in vorgeschichtlicher Zeit nichts von seiner Jagdbeute für schlechte Zeiten zurücklegte und keine Gruppe hatte, die ihn unterstützte, dem drohte der Hungertod. 

Investierende, die in der Neuzeit das Prinzip des Belohnungsaufschubs anwenden, verlassen sich auf die Tatsache, dass das Tauschmittel, mit dem sie den Aufschub abwickeln (Geld), nicht zu stark an Wert verliert. Durch größere Inflation wird jedoch ihr Tauschmittel entwertet. Somit bedroht Inflation die Möglichkeit vom Belohnungsaufschub zu profitieren und bremst im schlimmsten Fall die Motivation der Investierenden. Die Sinnhaftigkeit des Belohnungsaufschubs wird somit durch Inflation in Frage gestellt. Dies kann für eine Gesellschaft zu einer Belastung werden, da ein Abnehmen der Anzahl der Vorsorgenden zu einer stärkeren Belastung der Sozialsysteme führt. 

Aktieninvestoren selbst haben keinen Einfluss auf die Inflationsrate, sie können jedoch ihr Handeln auf eine höhere Inflation einstellen. Dies bedeutet, dass sie noch stärker als bisher die Rendite auf ihr eingesetztes Kapital im Verhältnis zur Inflationsrate betrachten müssen und bei der fundamentalen Aktienauswahl unbedingt auf die Margen der Unternehmen zu achten haben. Denn Unternehmen mit höheren Margen sind von steigenden Kosten nicht so stark betroffen, wie Unternehmen mit geringeren Margen und/oder aufgrund der Werthaltigkeit ihres Produktes eher in der Lage, die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugegeben.

Newsletter vom 01. Juni 2022

Gerhard Michel –
Finanzcoach Düsseldorf

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