China – neue Hoffnung für die deutsche Konjunktur?

Carsten Mumm

Der mittlerweile seit rund zwei Jahren anhaltende Abschwung der deutschen Industrie setzt sich fort, wie aktuelle Umfragen unter Unternehmen (Einkaufsmanagerindizes) verdeutlichten. Gemäß ifo-Geschäftsklima greift die Nachfrageschwäche auch immer stärker auf den Handel und den Dienstleistungssektor über. Einzig im Baugewerbe ergab sich eine leichte Stabilisierung der Unternehmensstimmung auf allerdings sehr niedrigem Niveau.
Aufgrund des anhaltenden Auftragsmangels planen immer mehr Unternehmen einen Beschäftigungsabbau, wodurch auch der private Konsum vorerst als Stabilisator der Wirtschaft ausfällt. Entsprechend wurde die Wachstumsprognose für Deutschland gemäß Gemeinschaftsdiagnose der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute deutlich auf -0,1 Prozent in diesem und 0,8 Prozent im nächsten Jahr gesenkt. Neben der schwachen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage wurden vor allem hohe Energiepreise und zunehmende Konkurrenz bei hochwertigen Industriegütern aus China als Belastungsfaktoren benannt.

Doch ausgerechnet Nachrichten aus China versetzten die Aktienbörsen weltweit in Feierlaune. So erreichten sowohl der deutsche Leitindex DAX als auch der US-Index S&P 500 in der letzten Woche neue Rekordniveaus. Der chinesische Aktienindex CSI 300 legte innerhalb von einer Woche um rund 15 Prozent zu, nachdem zunächst die chinesische Notenbank einen für laufende Immobilienfinanzierungen relevanten Leitzins senkte und dann das Politbüro – das zentrale Machtorgan – auf einer außerplanmäßigen Sitzung verschiedene Stützungsmaßnahmen für die Immobilienwirtschaft, die Kreditvergabe und den Konsum beschlossen. Auch wenn diese vor allem der Binnenwirtschaft zugutekommen, würde ein stärkeres Wachstum Chinas über eine steigende Exportnachfrage auch vielen deutschen Unternehmen helfen. Ebenfalls positiv wurde an den Börsen die Nachricht aufgenommen, dass Saudi-Arabien eine Ausweitung der Ölproduktion plant. Damit würden die Rohölpreise weiter unter Druck kommen mit der Folge, dass Inflationsraten stärker sinken und so schnellere Leitzinssenkungen vonseiten wichtiger Notenbanken möglich wären. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie schnell die politischen Entscheidungen die anhaltend schwache globale Nachfrage ankurbeln. Vorerst werden Anleger abwägen müssen, ob die Hoffnung auf eine künftige konjunkturelle Belebung die voraussichtlich zumindest teilweise enttäuschenden Unternehmensgewinne für das dritte Quartal kompensieren können.

Newsletter vom 2. Oktober 2024

Carsten Mumm – Chefvolkswirt und
Leiter der Kapitalmarktanalyse
Privatbank Donner & Reuschel

Zum Newsletter anmelden