Die neue finanzpolitische Weltordnung

Vor einem Jahr schrieb die FAZ „Die Welt zerfällt in Blöcke. (…) Ein Stratege sieht die Herausbildung zweier Blöcke – und Europa zwischen den Fronten.“ Die beiden finanz-politischen Blöcke – so fasst es Autor Martin Hock zusammen – sind China mit dem Appendix Afrika und Amerika im Lead auch für Lateinamerika. Europa wird eher abgeschlagen in seiner Stellung reduziert. Interessant: Russland spielt keine Rolle mehr. Russland, das sich ja selber als direkter Nachfolger der früheren Weltmacht Sowjetunion versteht. Wenn die Thesen des FAZ-Artikels stimmen, dann stellt sich die Frage, was bezweckt der kriegerische Aggressor Wladimir Putin? Vom Ende gedacht: Putin hat ein Ziel. Was ist sein Ziel?

In dem Zusammenhang ist es auch wichtig, die Psychologie des einzelnen Menschen in Russland zu bedenken. Es ist sicherlich nicht vergleichbar, aber rational haben wir uns nicht vorstellen können, dass die Mehrheit der britischen Bürger einem Brexit zustimmen oder Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten wählen. Vielleicht ist es das Ziel irgendwann nicht am „Katzentisch“ Platz nehmen zu müssen, während die drei großen Wirtschaftsblöcke miteinander konferieren.

Was sehen wir durch Krieg für Auswirkungen auf die Kapitalmärkte, auf die Zinspolitik der EZB aber auch auf die der FED? Besonders wollen wir einen Fokus auf kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) richten.

Wir haben in den letzten Standpunkten immer mal wieder Stellung zur Zinspolitik der EZB und den zu recht gestiegenen Inflationsängsten bezogen. In Deutschland und in Italien ist es zu erwarten, dass die Energiepreise, da fast alles mit Gas betrieben wird, durch den Krieg in den Himmel steigen. Der Ausbau der „Freiheitsenergie“, damit meint Christian Lindner neuerdings Ökostrom, dauert und kostet viel Geld. Das wird die Inflation massiv weiter anheizen. Frankreich oder die Niederlande setzen auf Atomstrom. Öl kann anders bezogen werden – entweder aus den USA oder aus dem Nahen Osten. Mittlerweile ist das Barrel Öl der Referenzmarke Brent auf deutlich mehr als 100 Dollar angestiegen. Die Bundesregierung wird die Bürger mit höheren Unterstützungen an der Stange halten. Die EZB kann die Zinsen nicht erhöhen – etwas was wir seit Monaten geschrieben haben, weil sie politisch nicht kann. Der von Russland initiierte Krieg könnte das zarte Pflänzchen Konjunktur, das noch immer nach oder vielleicht sogar während der Corona-Krise viel Pflege, Dünger und Wasser braucht, sonst sehr schnell für lange Zeit verdorren. Es mag sein, dass die EZB und gewisse Voraussetzungen in diesem Jahr die Zinsen um 0,25 Prozent erhöhen wird. Das ist aber dann einfache Symbolpolitik und wirtschaftlich zu vernachlässigen.

Die FED hat mehrere Zinsschritte angekündigt, aber letzten Monat auch schon etwas relativiert. Auch hier ist es wahrscheinlich, dass es durch diesen Krieg zu einer kompletten Neubewertung kommen wird. Es bleibt abzuwarten, wann und wie es zu einer Kommunikation mit den Kapitalmärkten kommt.
Auf den ersten Blick gibt es bei den KMUs nur direkte Verlierer. Die sind schnell benannt. Es sind Unternehmen, die in russischer Abhängigkeit stehen. Bei den Mit-telstandsanleihen sind das offensichtlich Ekosem, Ekotechnika und der Fußballverein Schalke 04, weil dort bis gestern der Hauptsponsor Gazprom geheißen hat. Der Kurs der Anleihen von Ekosem hat sich seit Beginn der massiven Kriegsrhetorik von Putin in den letzten Tagen mehr als halbiert. Die Anleger haben kein Vertrauen. Schalke 04 hat in seinen beiden Anleihen heute ein deutliches Plus verzeichnen können, weil der Verein durch seine klare Distanzierung zu Gazprom Investor Relations betrieben hat. Es bleibt aber abzuwarten, ob dies nicht ein Strohfeuer ist, denn irgendwoher muss der hochverschuldete Verein schließlich das Geld für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebs generieren. Zuschauereinnahmen sind es momentan nicht. Ekotechnika hat Ende Januar noch sehr gute Geschäftszahlen für 2021 verkündet, was zu einem hohen Kursplus führte. In den letzten Tagen ist der Aktienkurs auf unter den Ausgabepreis abgestürzt.

Das ist das am Kapitalmarkt Offensichtliche. Was aber ist mit dem Mittelständler und dementsprechend seiner Kapitalmarktpositionierung, der zum Beispiel im Textilbereich in der Ukraine produziert? Oder Unternehmen, die Waren nach Russland geliefert haben und durch die Aussetzung von SWIFT nicht mehr bezahlt werden können? Dies ist alles noch nicht an den Kapitalmärkten angekommen. Momentan wird erst einmal über die Politik und die großen Unternehmen gesprochen. Wir sind uns sicher, die Auswirkungen auf die kapitalmarktorientierten Unternehmen werden auch vorhanden sein. Hier gilt es, aktiv auf die Investoren zuzugehen und offen zu kommunizieren.

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Börsen Aktuell vom 2. März 2022
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